22 Feb Höflichkeit im Urlaub
Höflichkeit im Urlaub
Erfolgreiche Menschen neigen dazu, die Welt aus Ihrer Sicht zu sehen und zu beurteilen. Selbst wenn der Manager im Range Rover in der falschen Richtung die Autobahn befährt, versucht er noch den Polizisten zu belehren, dass dieser ja gar nicht weis, in welche Richtung er fahren wollte. Und in unserer schnelllebigen Zeit gibt es immer mehr Geisterfahrer der Unfehlbarkeit. Man ist überzeugt, dass nur das eigene Handeln richtig ist und man die Verkehrsordnung, als auch die Ansichtsweise hierzu gepachtet hat. Einen solch geistigen Tiefflieger kann man auch nicht durch Fahrverbote heilen. Ein bekannter Psychologe bereitet diese Menschen für die MPU darauf vor, in dem er Ihnen sagt, was Sie für Macht auf andere ausüben, wenn Sie langsam fahren und anderen blockieren können. Nur dann gefällt auch diesen Personen die Möglichkeit, doch nicht immer genau 39 km/h über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu rasen.
Ähnlich verhält es sich im Urlaub. Es wird laut geredet und gelacht, der Pool gehört einem alleine und die Bedienung wird mit den Worten „passen Sie doch auf“ angepflaumt, wenn das eigene Kind zum dreiundzwanzigsten Mal mit dem Ball auf das Personal wirft und nun was runter fällt. Man setzt sich selbst den Heiligenschein auf, lässt die Kinder beim Essen durch den Speisesaal toben und macht auf Anstands-Utopia. Man sieht sich als der Unzerstörbare mit Heiligenschein. Dies beginnt schon oft bei der Begrüßung im Hotel. Dem Hoteldirektor wird die Hand geschüttelt und die Frau vorgestellt. Beim Personal bedanken gilt aber nahezu als unmöglich. Schließlich hat man verdammt viel Kohle für den Schuppen bezahlt. In Wirklichkeit reißt man mit diesem Verhalten der eigenen Höflichkeit die Maske vom Gesicht. Man maßregelt andere wo es nur geht.
Die Regeln gelten nur für andere
Man kann die Maßregelung gut beobachten wenn sich zwei Paare treffen. Der erfolgreiche Geschäftsführer, vermögend, vielfach 65 Jahre mit einer 29 jährigen aus Osteuropa und trotzdem niemals um eine Peinlichkeit verlegen, maßregelt den gegenüber, der Ihm die Hand ausstreckt. Mein lieber Hr. Meiler, es heißt doch Ladys First und weist die offene Hand des Gegenübers ab. Man telefoniert selbst im Lokal, beschwert sich aber bereits nach 15 Sekunden bei der eigenen Frau, wann die Person am Nebentisch endlich zu telefonieren aufhört. Selbstverständlich war es im Fall des Manager überlebenswichtig das Gespräch zu führen.
Vom Prinzip handelt es sich bei diesen Anzugsträgern nicht um erfolgreiche Menschen, sondern um Personen, die sich hinter Anzügen verstecken und nur in gewohnter Umgebung auftrumpfen können. Man ist zu feige das positive zu sehen und sucht lieber das negative. Man erwartet, dass jeder vom Personal mit Namen grüßt, selbst grüßt man jedoch nur wenig. Wird die Person darauf angesprochen, hat man entweder das Personal nicht gesehen, diese sprechen angeblich nicht deutsch, sind arrogant, oder findet ein weiteres Instrument der Abgrenzung.
Schalten Sie einen Gang zurück und lernen wieder Demut
Im Speisesaal geht es weiter. Spaghetti mit Löffel oder mit Gabel, den Fisch mit Fischgabel und Fischmesser oder normalen Besteck. Keiner ist sich vor diesen erfolgreichen, aber sehr einsamen Menschen sicher. Während ein höflicher Mensch um seine Wirkung auf andere weiss, versucht der erfolgreiche unverfehlbare Manager das Verhalten der Mitmenschen zu interpretieren. Es wird gelästert und gemaßregelt wo es nur geht, denn man hat seine eigenen Regeln. Und man hat Geld und möchte sich natürlich nicht mit Zeitverschwendern aufhalten. Zur Selbstreflexion fehlt die Zeit und auch die Rückmeldung der Freunde. Denn so oberflächlich wie man zu sich selbst ist, ist man auch zu anderen. Zieht man die Geschäftsfreunde und Golffreunde ab, steht meist eine Null auf der Freundesliste.
Der spanische König hat vor kurzem aus der Fingerschale zum Reinigen getrunken, weil sein Gast das aus Versehen gemacht hat. Er wollte nicht, dass der Gast sein Gesicht verliert. Erklären Sie das einmal jemanden, der schon bei der Begrüßung den Mann maßregelt, dass nicht er an der Reihe ist, sondern erst die Dame. Vielleicht möchte der Mann gegenüber das gar nicht, oder er möchte seine Frau selbst vorstellen. Oder seine Frau möchte niemanden die Hand schütteln. Überlassen Sie diese Entscheidung dem Paar gegenüber. Derweil gibt man sich selbst kein Gesicht, sondern zeigt sich nur mit seiner hässlichen Fratze. Nutzen Sie die beschaulichen Weihnachtstage zur Selbstreflexion. Sprechen Sie das Zimmermädchen an, unterhalten sich mit dem Personal. Werden Sie wieder menschlicher und höflich. Verhalten Sie sich nicht wie die Axt im Walde, denn Sie müssen Ihre Höflichkeit nicht in Ihrer Stadtvilla einsperren. Nehmen Sie diese mit Ihren Porsche in den Urlaub und bedanken sich bei den Mitarbeitern des Hotelgewerbes für Ihre Arbeit und Gelassenheit.